Lumineszenz: Warum ein Standard wichtig ist

 

In Zeiten von Corona kommen wir mit Begriffen in Berührung, die die meisten von uns vorher noch nie gehört haben. Dazu gehören zum Beispiel PCR-, Antikörper- oder Antigentests. Während PCR-Tests Teile des Virus‘, zum Beispiel des Coronavirus‘, im menschlichen Körper nachweisen, zeigen Antikörpertests, die normalerweise an Blutproben vorgenommen werden, die Abwehrstoffe (Antikörper), die der Körper als Redaktion auf ein Virus oder einen anderen Krankheitserreger gebildet hat. Auch sogenannte Schnell- oder Antigentests weisen spezifische Teile des Virus‘, nämlich Proteinbestandteile, nach, sind aber nicht so zuverlässig wie ein PCR-Test.

Antikörpertests basieren auf einer in vitro erzeugten Antigen-Antikörper-Reaktion. Damit kann nachgewiesen werden, ob eine Infektion stattgefunden hat, auch wenn diese schon eine Weile zurückliegt. Die Verfahren, die dazu üblicherweise in medizinischen Laboren zur Anwendung kommen, sind sogenannte Immunoassays. Damit lassen sich entweder Antigene oder Antikörper nachweisen. Zum Einsatz kommen dabei Spezialgeräte für Einzeltests und kleine Serien auf der Basis von Fluoreszenz- oder Lumineszenz-Immunoassays, beispielsweise „Chemiluminescence Immunoassays“ (CLIA). Der Nachweis erfolgt in mehreren Schritten über Reagenzien, die mit einem Luminophor bzw. einem Leuchtstoff markiert sind, der die Antigen-Antikörperbindung sichtbar macht. Das ermöglicht erst einen Nachweis dieser Bindung bzw. Reaktion über hochempfindliche Lumineszenzmethoden.

Lumineszenzmethoden sind zwar hochempfindlich, erfordern aber auch für zuverlässige und quantitative Messungen die richtigen Referenzmaterialien und kalibrierte Messgeräte. Zur Kalibrierung von Fluoreszenzmessgeräten hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin ein spezielles Kalibrier-Kit „Spektrale Emissionsstandards“ entwickelt, das Kalibrierfarbstoffe für die Ermittlung der spektralen Empfindlichkeit von Fluoreszenzmessgeräten zur Verfügung stellt (s. unten).

Keine Angst vor Fachbegriffen: Lumineszenz, Chemolumineszenz, Biolumineszenz, Photolumineszenz, Fluoreszenz und Phosphoreszenz

Zum weiteren Verständnis sind zunächst einige Begriffserklärungen sinnvoll. Lumineszenz ist der Sammelbegriff für Leuchterscheinungen, also die Emission von Licht, die durch Aufnahme von Energie z.B. in Form Licht, hervorgerufen werden. Lumineszenz kann aber auch durch eine chemische Reaktion (Chemolumineszenz) oder eine enzymatische Reaktion in einem biologischen System (Biolumineszenz) erzeugt werden.

Bei einer Chemolumineszenz reagieren verschiedene Chemikalien und bilden ein energiereiches Zwischenprodukt (in einem elektronisch angeregten Zustand), das zerfällt und seine Energie dabei in Form von Licht bzw. Photonen freisetzt, um in seinen Ausgangszustand (den elektronischen Grundzustand) zurückzukehren. Eine der bekanntesten Chemolumineszenz-Reaktionen ist die Oxidation von Luminol durch Wasserstoffperoxid in Gegenwart von Eisen- oder Manganionen. Forensiker nutzen beispielsweise diese Reaktion, um Blut an Tatorten aufzuspüren. Sie sprühen dazu eine Mischung aus Luminol und einer wässrigen Wasserstoffperoxid-Lösung auf den Bereich, an dem sie Blut vermuten. Das Eisen, das sich im Hämoglobin im Blut befindet, reagiert dabei als Katalysator. Im Dunklen zeigt dann ein kurzes blaues Leuchten an, ob Blut vorhanden ist. (Abb. 1)

Biolumineszenz haben viele vielleicht schon in einer lauen Sommernacht bei Glühwürmchen beobachtet (Abb. 2 und 3). Bei diesem natürlichen Prozess wird das Licht durch eine chemische Reaktion freigesetzt, die im Organismus des Glühwürmchens stattfindet. Dabei wird durch die Reaktion von Luciferin mit Sauerstoff mit Hilfe des Enzyms Luciferase Licht, also Lumineszenz, erzeugt. Ähnliche Phänomene sind auch bei leuchtenden Quallen im Meer zu beobachten.

Ein weiteres Leuchtphänomen ist die Photolumineszenz, die man beispielsweise beim Bestrahlen von Mineralien oder auch von Geldscheinen mit UV-Licht sehen kann. (Abb. 4 und 5). Dann leuchten manche Mineralproben in verschiedenen Farben oder leuchtende Geldscheine können von falschen Fuffzigern unterschieden werden.

Photolumineszenz kann als Fluoreszenz und Phosphoreszenz auftreten. Beide umfassen einen Prozess, bei dem durch eingestrahltes Licht ein Elektron auf ein angeregtes Niveau gehoben wird, dieses dann umgehend wieder in den Grundzustand zurückfällt und dabei ein Photon beispielsweise im sichtbaren Spektralbereich abgibt. Fluoreszenz ist dabei das Leuchten mit schneller Abklingzeit aus einem elektronisch angeregten Singulett-Zustand und Phosphoreszenz das Leuchten mit langsamer Abklingzeit aus einem elektronisch angeregten Triplett-Zustand.

Lumineszenz-Messungen müssen mit kalibrierten Geräten erfolgen

Licht aussenden ist das eine, das ausgesendete Licht aufzuspüren und für Nachweismethoden zu nutzen ist die hohe Kunst der Analytik. Lumineszenz-Methoden, die die Aussendung von Licht nach Absorption von Energie zur Signalerzeugung verwenden, gehören zu den am häufigsten eingesetzten Analysemethoden in den Lebens- und Materialwissenschaften. Das bei einem Lumineszenznachweis ausgenutzte Lumineszenzlicht kann z. B. von einem Lumineszenzmessgerät wie einem Fluorometer oder einem Mikrotiterplattenauslesegerät erfasst werden. Die Detektion der Intensität der ausgesendeten Lumineszenz kann dabei integral (mit einem Filter und einem Detektor) oder wellenlängenaufgelöst (mit einem Monochromator und einem Detektor) erfolgen. Letzteres liefert sogenannte Lumineszenzspektren.

In unserem Alltag gibt es viele Beispiele für die Nutzung der Photolumineszenz. Die bereits erwähnten Lumineszenz-basierten Immunoassays,Corona-PCR-Tests oder optische Kontrastmittel zur Visualisierung von Tumoren und Entzündungen im menschlichen Körper mittels Fluoreszenzbildgebung gehören dazu. Auch die Echtheitsprüfung von Geldscheinen funktioniert mit dieser Nachweismethode.

Alle Lumineszenz-Messtechniken liefern Signale, die einen analytspezifischen und einen gerätespezifischen Anteil enthalten. Das bedeutet, dass die gewünschten analytspezifischen Lumineszenz-Informationen durch gerätespezifische Effekte „verzerrt“ sind. Somit sind an verschiedenen Geräten in unterschiedlichen Laboratorien gemessene Lumineszenzdaten ohne die Berücksichtigung dieser Gerätebeiträge nicht ohne weiteres vergleichbar.

Gerätespezifische Beiträge können die spektrale Form, spektrale Lage und die Intensität der Messdaten beeinflussen. Vergleichbare und zuverlässige Lumineszenz-Messdaten erfordern daher eine regelmäßige Validierung der verwendeten Lumineszenz-Messgeräte und eine sorgfältige Gerätekalibrierung. Dafür können sogenannte Fluoreszenzstandards bzw. Emissionsstandards eingesetzt werden, deren Lumineszenzeigenschaften mit einem zuverlässig kalibrierten Lumineszenzspektrometer ermittelt wurden und damit geräteunabhängig sind. Dies ist besonders relevant für den Einsatz in der gesetzlich geregelten medizinischen Diagnostik (wie bei PCR-Tests), im Pharmabereich und in speziell akkreditierten Laboratorien.

Vergleichbarkeit ist wichtig!

Voraussetzung für die Vergleichbarkeit von Emissionsspektren, die an verschiedenen Messgeräten und in unterschiedlichen Laboratorien ermittelt wurden, ist die Berücksichtigung der gerätespezifischen spektralen Charakteristika des Detektionskanals durch entsprechende Kalibrierkurven. Für akkreditierte Laboratorien ist es zudem wichtig, dass sie zertifizierte Emissionsstandards einsetzen. Solche Emissionsstandards werden bei ihrer Zertifizierung mit einem kalibrierten Referenzgerät vermessen; dabei werden auch wellenlängenabhängige Messunsicherheiten für die zertifizierten spektroskopischen Eigenschaften ermittelt.

Speziell für die Ermittlung der Emissionskorrekturkurven von Lumineszenz-Messsystemen hat der Fachbereich Biophotonik der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) einen Kalibrier-Kit Spektrale Emissionsstandards für den Wellenlängenbereich von 300-750 Nanometer entwickelt. Dieses Kit besteht aus fünf spektral aufeinander angepassten, breitbandig emittierenden organischen Farbstoffen und der Auswertesoftware LinkCorr, die die Emissionskorrekturkurve aus den gemessenen unkorrigierten und den zertifizierten korrigierten Emissionsspektren der Kit-Farbstoffe für das jeweilige Lumineszenz-Messgerät berechnet. Dieses Kit wird seit Jahren von Anwendern von Lumineszenz-Messtechniken aus der Umwelt- und Materialanalytik und von Herstellern z. B. von Fluoreszenzspektrometern zur Gerätekalibrierung eingesetzt. So ist sichergestellt, dass die ermittelten Lumineszenz-Messdaten auch wirklich stimmen.

Damit jetzt auch Lumineszenzeffizienzen bzw. sogenannte Fluoreszenzquantenausbeuten zuverlässig bestimmt werden können, hat der Fachbereich Biophotonik zwölf weitere Fluoreszenzenzstandards entwickelt und kürzlich zertifiziert. Solche bislang weltweit noch nicht verfügbaren Fluoreszenzquantenausbeutestandards decken den Spektralbereich von 350 nm bis 1000 nm ab. Damit kann nun auch die Fluoreszenz-Schlüsselgröße Fluoreszenzquantenausbeute, die Zahl der emittierten Photonen bezogen auf die Zahl der absorbierten Photonen, mit Hilfe von BAM-Referenzmaterialien einfach bestimmt werden.

Unkorrigierte, gerätespezifische (gepunktet) und spektral korrigierte, geräteunabhängige (durchgezogene Linien) Lumineszenzspektren von Lösungen der vier organischen Farbstoffe X, Q, F005 und F023 (Abb. 6) und der fünf Farbstoffe des BAM Kits F001-F005 (Abb. 7, normiert). Oberhalb der Spektren sind die Emissionskorrekturkurven für die jeweiligen Wellenlängenbereiche dargestellt. Quelle: BAM

Quellen und Links

Autorinnen und Autoren

Dr. Ute Resch-Genger, Dr. Jutta Pauli, 
Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM), Division 1.2 Biophotonics

Dr. Jörg Wetterau, Labor für Kommunikation, Linsengericht

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