Was ist eigentlich Lachgas?

 

Über Lachgas (chemisch Distickstoffmonoxid, N2O; englisch Nitrous Oxide) wird zurzeit viel gesprochen. Weil es leicht zu beschaffen ist, kam es in den letzten Jahren als vermeintlich harmloses Rauschmittel in Mode. 

Neben dem erwünschten Kick kann es aber bei intensivem Konsum auch zu gravierenden Gesundheitsschäden führen. Dies musste etwa der Rapper Haftbefehl erfahren, der nach massiven gesundheitlichen Problemen inzwischen vor übermäßigem Lachgaskonsum warnt.

Lange Geschichte als Schmerz- und Narkosemittel

Dabei ist diese Verbindung nicht neu. Schon seit etwa 180 Jahren wird Lachgas als Schmerz- und Narkosemittel vor allem in der Zahnmedizin eingesetzt. Seinen Namen hat Lachgas vermutlich erhalten, weil seine euphorisierende Wirkung beim Konsumenten Lachen auslösen kann.

Lachgas wurde erstmals 1771 von dem englischen Chemiker Joseph Priestley dargestellt. Um das Jahr 1800 beschrieb der englische Apotheker und Chemiker Humphry Davy die betäubenden und schmerzstillenden Eigenschaften des Gases, die er in Selbstversuchen erforscht hatte. Ab 1844 wurde es von dem amerikanischen Zahnarzt Horace Wells bei der Zahnbehandlung eingesetzt [1].

Auch wenn es inzwischen viele weitere moderne und nebenwirkungsarme Schmerzmittel gibt, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Distickstoffmonoxid noch immer in der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel (List of Essential Medicines) verzeichnet [2]. Eingesetzt wird es im Gemisch mit Sauerstoff meist in der Geburtshilfe und der Zahnmedizin. Seine Vorteile sind, dass es sehr gut dosierbar ist, die Patienten bei Bewusstsein bleiben und der Wirkstoff nach der Behandlung schnell wieder aus dem Körper ausgeschieden (ausgeatmet) wird.

Chemische Zusammensetzung von Lachgas

Chemisch gesehen, ist Lachgas ein sehr einfaches Molekül, das aus zwei Atomen Stickstoff und einem Atom Sauerstoff besteht und folgerichtig die Formel N2O hat. Es ist ein farbloses Gas. Es ist nicht brennbar, hat aber eine oxidierende Wirkung und wirkt damit brandfördernd. 

Ein häufig gezeigtes Experiment mit N2O und Ethanol ist bekannt als „bellender Hund“, weil die explosionsartige Reaktion ein Geräusch erzeugt, das an das „Wuff“ eines Hundes erinnert. Im Video des JCF-Podcasts „Alles Chlor“ wird in der Folge Treibhausgase das Experiment von Eric Siemes gezeigt (Experiment ab ca. 4:00 min). 

Als Lebensmittelzusatzstoff in Sprühsahne

Lachgas ist als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. N2O ist unter Druck gut fettlöslich und kann zum Aufschäumen von flüssigen Milchprodukten, wie etwa Sahne verwendet werden [3]. Daher enthält Sprühsahne Kartuschen mit Lachgas. Früher haben User die in den Sahnesprühdosen enthaltenen Gaskartuschen ausgebaut und das Lachgas inhaliert. Inzwischen gibt es Lachgas ganz ohne Sprühsahne und völlig legal zu kaufen, zumindest in Deutschland. 

Wirkung von Lachgas

Schon im 19. Jahrhundert soll es in der britischen Oberschicht Lachgaspartys gegeben haben (Abb.4). Und in den letzten Jahren hat Lachgas erneut Karriere als leicht verfügbare Partydroge gemacht. 

“Wird Lachgas inhaliert, tritt bereits nach wenigen Sekunden ein Rausch ein", schreibt das Portal Drugcom.de, betrieben von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. "Konsumierende fühlen sich entspannt, leichte Euphorie macht sich breit. Die Wahrnehmung und das Gefühl für Raum und Zeit verändern sich. Die Effekte werden als traumähnlich oder psychedelisch beschrieben. Die veränderte Wahrnehmung kann auch Halluzinationen nach sich ziehen. Der Rauschzustand hält allerdings nur wenige Minuten an" [4].

Legal, aber nicht ungefährlich

Wenn es legal ist, ist es sicher ungefährlich, mögen sich manche Konsumentinnen und Konsumenten denken. Aber das ist falsch. Lachgas kann schwere Nebenwirkungen haben und das Gehirn schädigen. 

Deshalb sind im Moment auch Vorbereitungen im Gang, den Verkauf von Lachgas zumindest an Jugendliche zu verbieten. In mehreren anderen Ländern ist dies schon der Fall, in Großbritannien und den Niederlanden ist Lachgas außer im medizinischen oder industriellen Bereich verboten [5].

Neben leichteren Nebenwirkungen, etwa Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Gleichgewichtsstörungen kann häufiger und hoher Konsum aber auch schwerere Folgen haben. Zu hohe Dosen von Lachgas können zu einem schwerwiegenden Mangel an Vitamin B12 führen, denn das Gas führt zu einer Inaktivierung des lebenswichtigen Stoffes. Dadurch kommen essentielle Stoffwechselprozesse im Körper zum Erliegen, denn Vitamin B12 spielt im Körper eine wichtige Rolle bei der Blutbildung und beim Aufbau des Nervensystems. Dadurch können bei übermäßigem Lachgas-Konsum Nervenschäden die Folge sein [7,8].

„Typische Symptome für Nervenschäden sind zunächst Kribbeln oder das Gefühl von Nadelstichen in den Händen, Armen oder Beinen. Solche Missempfindungen können aber auch in anderen Körperteilen auftreten. (…) Nervenschäden können dazu führen, dass die Kontrolle über die Muskulatur schwindet – dann sind Gleichgewichtsstörungen und Muskelschwäche möglich. Schäden von Nerven im Rückenmark können dazu führen, dass man Probleme beim Gehen bekommt. Bislang ist offen, wie oft solche Beschwerden auftreten und wie sie sich wieder zurückbilden“, schreibt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) [6]. 

Wird das Gas aus einem mit Lachgas gefüllten Ballon eingeatmet und in diesen Ballon auch ausgeatmet, droht Sauerstoffmangel, der Bewusstlosigkeit oder sogar Ersticken zur Folge haben kann. Besonders gefährlich ist es, wenn Lachgas direkt aus Kartusche inhaliert wird. Denn in den Kartuschen steht das Gas unter hohem Druck. Beim Einatmen aus der Kartusche kann es dadurch zu ernsten Schäden in der Lunge kommen. Außerdem dehnt sich das Gas sehr schnell aus, wenn es der Kartusche entnommen wird. Dies bewirkt eine Abkühlung auf Temperaturen tief unter dem Gefrierpunkt (Joule-Thomson-Effekt) und kann dadurch zu Erfrierungen zum Beispiel an den Lippen oder in den Lungen führen. Besonders fatal ist es, wenn Konsumierende dies aufgrund des herabgesetzten Schmerzempfindens zunächst gar nicht bemerken.

Auch ein klimaschädliches Treibhausgas

Lachgas spielt auch eine wesentliche Rolle beim menschenverursachten Klimawandel. Nach Kohlendioxid CO2 und Methan CH4 gilt es als das drittschädlichste Treibhausgas. Seine Konzentration ist zwar rund tausendmal geringer als die von Kohlendioxid, das als wichtigster Verursacher der globalen Erwärmung gilt. Die klimaschädliche Wirkung von einem Gramm Lachgas aber ist 200 bis 300mal stärker als die von einem Gramm CO2, so dass seine Wirkung nicht unterschätzt werden darf. 

Im Wesentlichen stammt das Lachgas in der Atmosphäre aus der Landwirtschaft. Die künstliche und auch natürliche Düngung sorgt dafür, dass die Lachgaskonzentrationen in der Atmosphäre weiter ansteigen [9,10]. 

Wichtige Rolle in einem Musical

Musical-Fans kennen Lachgas aus dem Kult-Musical „Little Shop of Horrors“ (deutsch: „Der kleine Horrorladen“), das sich um eine fleischfressende Pflanze dreht, die immer größer und gefräßiger wird.

Eine der wichtigen Rollen im Stück spielt der sadistische Zahnarzt Orin, in der Verfilmung dargestellt von Steve Martin, der regelmäßig die Lachgasflasche zur Hand nimmt – allerdings nicht, um damit seinen verängstigten Patienten die Behandlung erträglicher zu machen. Er inhaliert das Gas selbst, um sich in Stimmung zu bringen, bevor er die Patienten mit rostigen Bohrern und anderen furchteinflößenden Instrumenten malträtiert. Aber auch hier bleibt der Lachgas-Genuss nicht ohne Folgen und Kenner des Musicals wissen, dass es mit Orin ein böses Ende nimmt…

Dr. Karin J. Schmitz

Leiterin GDCh-Öffentlichkeitsarbeit


In unserer Rubrik „Chemie überall“ geht es um chemische Verbindungen oder chemische Verfahren, die wir im Alltag nutzen oder um Substanzen, die immer mal wieder in den Schlagzeilen sind. Die Beiträge in leicht verständlicher Form sind von Chemikerinnen und Chemikern geschrieben. Alle Beiträge der Reihe: https://faszinationchemie.de/chemie-ueberall

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