Was ist eigentlich... Methionin?

 

Sie essen gern gesund? Vielleicht ein zartes Stück Fleisch, einen würzigen Käse oder ein Müsli? Wunderbar! Und wenn möglich alles „ohne Chemie." Wirklich?

Nüchtern betrachtet nehmen wir mit unserer Nahrung Proteine (Eiweiß-Stoffe), Kohlenhydrate und Fette zu uns, letztere tunlichst sparsam. Wir wollen uns heute auf das Protein konzentrieren. Protein hat viele, ja sehr viele Erscheinungsformen. Muskelfasern zum Beispiel (ein Steak) oder Getreidekörner (ein Brötchen).

Proteine bestehen aus Aminosäuren

Alle Proteine – so verschieden sie auch sein mögen – sind gleich aufgebaut: Es sind lange kettenförmige Moleküle. Und wo eine Kette ist, da sind auch Perlen, das sind die Aminosäuren. Jetzt die Überraschung: Die Bausteine dieser ungeheuren Vielfalt an Proteinen in der Natur sind nicht mehr als 21 verschiedene Aminosäuren

Ein Vergleich: Das deutsche Normalformat für Backsteine misst 24 × 11,5 × 7,1 cm3. Ob man nun daraus ein freundliches Einfamilienhaus oder ein düsteres Gefängnis baut: Immer werden die gleichen Bausteine verwendet. Ebenso benutzt unser Organismus 21 verschiedene Aminosäuren, um daraus die ganze Vielfalt der Proteine aufzubauen, vom Insulin über die Gehirnzelle zum Fingernagel. 

Die Aminosäuren holt sich unser Organismus mit Hilfe von Enzymen aus dem Protein der Nahrung. Viele der Aminosäuren kann unser Körper selbst herstellen, andere müssen wir mit der Nahrung zu uns nehmen. Sie heißen deshalb essentielle Aminosäuren. Zu diesen zählt das schwefelhaltige Methionin, und auch Lysin, Threonin oder Tryptophan gehören in diese Gruppe.

Und was ist, wenn die tägliche Nahrung zu wenig dieser essentiellen Aminosäuren enthält? Dann hat unser Organismus ein Problem - wir werden krank!

Proteinzufuhr über Nahrung möglich

Wo ein Problem ist, sucht man eine Lösung. Eine davon ist: Wir nehmen Proteine mit der Nahrung auf. Oft nehmen wir mehr zu uns, als wir eigentlich brauchen. Bei uns Menschen ist das in guten Zeiten der übliche Weg. Die überschüssigen Aminosäuren wandelt der Organismus in Energie um (oder Fettpölsterchen).

Was hat das Huhn damit zu tun?

In der Aufzucht der Tiere, die wir essen, gelten andere Regeln. Hier kommt es darauf an, die natürlichen Ressourcen so einzusetzen, dass nicht zu viel Energie verbraucht und die Umwelt möglichst wenig belastet wird. Man setzt daher dem Futter die fehlenden essentiellen Aminosäuren zu.

Ein Beispiel: Dem normalen Mischfutter für Hühner fehlt notorisch eine der essentiellen Aminosäuren, das Methionin. Es ist die Basis für die Aminosäure Cystein und die Verbindung Cystin, ohne die z.B. keine Federn gebildet werden können. In früheren Zeiten wurde dem Hühnerfutter daher Methionin-reiches Fischmehl beigemischt – mit dem Effekt, dass die Eier selbst nach Fisch schmeckten.

Methionin wird technisch hergestellt

Heute kann sehr reines Methionin technisch hergestellt werden (ca. 450.000 Tonnen pro Jahr). Setzt man dem Mischfutter nur eine kleine Menge Methionin zu, so steigt der Nährwert des Futters auf beeindruckende Weise. So entspricht ein Zusatz von nur 10 g Methionin der Anreicherung des Futters mit 560 g Fischmehl.

Gift im Essen? Eben nicht! Methionin ist ein völlig normaler Bestandteil der Proteine in unserer Nahrung. Zu seiner chemischen Synthese in der Industrie mögen giftige Stoffe verwendet werden. Aber Chemie ist die Umwandlung von Stoffen, und das hochreine Endprodukt entspricht der natürlich vorkommenden Aminosäure.

Der Beitrag wurde vom Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit der Seniorexperten Chemie, einer Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker, erstellt. 
Autor: Dr. Wolfgang Gerhartz (bearbeitet durch kjs, Redaktion FaszinationChemie)

In der Reihe „Was ist eigentlich…“ stellen wir in leicht verständlicher Form chemische Substanzen vor, die jeder kennt oder fast jeder benutzt. Alle Beiträge der Reihe: https://faszinationchemie.de/chemie-ueberall

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