Wenn es „Klick" macht...

 

100 Jahre Makromolekulare Chemie

Die Klick-Chemie für organische Synthesen bietet die Möglichkeit, zielgerichtet und schnell Moleküle aus kleinen Einheiten zu erhalten. Auch die Polymerchemie nutzt sie. Polymer-Klickreaktionen sind bisher überwiegend in der Forschung von Bedeutung, vereinzelt auch in der Industrie.

Begründung der Klick-Chemie

Makromoleküle variieren in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften, die sich je nach Anwendung gezielt einstellen lassen. Aus einer Vielzahl an verfügbaren niedermolekularen Bausteinen, den Monomeren, und Synthesemethoden können Polymere mit unterschiedlichsten chemischen Zusammensetzungen, Kettenlängen bzw. Molmassen und Architekturen (Topologien), unter anderem lineare und verzweigte Polymere und Netzwerke, hergestellt werden. Des Weiteren lassen sich die Monomereinheiten wie auch die Kettenenden von Polymeren nachträglich chemisch verändern bzw. funktionalisieren. Insbesondere getrieben vom Wunsch der effektiven Synthese neuer medizinischer und pharmazeutischer Wirkstoffe formulierte der Chemiker K.B. Sharpless Anfang dieses Jahrtausends das Konzept der Klick-Chemie für organische Synthesen. [1] Aufgrund seiner Erfolge wurde versucht, dieses Konzept gewinnbringend auf die Polymerchemie zu übertragen.

Was ist Klick-Chemie?

Als Klickreaktionen gelten solche Reaktionen, die thermodynamisch begünstigt ablaufen und selektiv zu einem Produkt führen. Dazu zählen Cycloadditionen, nukleophile Ringöffnungen von gespannten Heterocyclen, viele Carbonylreaktionen und Additionsreaktionen an Kohlenstoff-Kohlenstoff-Mehrfachbindungen. [1]

Viele Synthesen, welche die Polymerwissenschaften seit Jahrzehnten verwenden, entsprechen so weitgehend dem Konzept der Klick-Chemie. 
Neben Effizienz und sehr hohen Ausbeuten müssen Klickreaktionen noch weitere Kriterien erfüllen. Sie sollen modular und breit anwendbar sein, nur leicht zugängliche Ausgangsmaterialien und Reagenzien benötigen sowie unter einfachen Bedingungen ablaufen. Zudem sollen die Reaktionen stereospezifisch verlaufen und stabile Produkte liefern. Nebenprodukte und Lösemittel sollen leicht abzutrennen sein. 
Diese Kriterien lassen sich nicht ausnahmslos auf polymerchemische Reaktionen direkt übertragen, beispielsweise hinsichtlich Stereospezifität und Produktreinigung. Die Anforderungen für Klickreaktionen an Polymeren wurde dementsprechend angepasst bzw. erweitert. Weitere Kriterien sind Äquimolarität, Aufreinigung im Großmaßstab und hohe Reaktionsgeschwindigkeiten. [2]
 

Klick-Chemie an Polymeren

Bislang gibt es mehr als zwanzig Reaktionen, die als Klickreaktionen bezeichnet werden (obwohl nicht alle Reaktionen die genannten Kriterien für eine Klickreaktion de facto erfüllen), die sowohl zum Aufbau als auch zur chemischen Modifikation von Polymeren genutzt werden. [2,3] Besonderes Interesse hat dabei die Kupfer-katalysierte Huisgen-Azid-Alkin [3+2]-Cycloaddition (CuAAC) erlangt, die mittlerweile als Prototyp – mitunter auch als Synonym – für Klick-Chemie gilt. Sie wurde tatsächlich erst nach Einführung der Klick-Chemie für die synthetische Polymerchemie entdeckt und zunehmend genutzt, unter anderem zur Herstellung von funktionalisierten Polymeren, Blockcopolymeren, Biokonjugaten und komplexen Polymerstrukturen. [4] Weitere Klickreaktionen sind die „Klick-Klassiker“ wie (Hetero-) Diels-Alder Cycloadditionen, Reaktionen von Säurechloriden bzw. -anhydriden oder Epoxiden mit Aminen und die Addition von Thiolen an Kohlenstoff-Kohlenstoff-Mehrfachbindungen (Thiol-En Klick-Chemie). Letzere Reaktion zeichnet sich dadurch aus, dass die Ausgangmaterialien leicht zugänglich sind (auch aus biologischen Ressourcen) und sie photochemisch in Gegenwart von Luftsauerstoff und Wasser durchgeführt werden kann. Die Thiol-En-Klickreaktion dient zur Herstellung von funktionalisierten Polymeren und Oberflächen, Biokonjugaten, Hydrogelen und Netzwerken. [5]

Anwendungsbereiche

Polymer-Klickreaktionen werden bislang vorwiegend im Forschungslabor und weniger für industrielle Anwendungen genutzt – abgesehen von den schon lange etablierten Carbonylreaktionen (Nylon), Epoxy-Amin (Zweikomponenten-Epoxidkleber) oder Thiol-En (Härtung von Lacken). Die Klickreaktionen stellen für die akademische Forschung und Modellstudien eine wertvolle Erweiterung der Synthesemethodik dar. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Klickreaktionen, insbesondere die Azid-Alkin Reaktion, den Weg in die großtechnische Anwendung finden werden.

Autoren: Prof. Dr. Helmut Schlaad (Universität Potsdam) und Prof. Dr. André Laschewsky (Universität Potsdam und Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung)
Redaktionelle Bearbeitung: Lisa Süssmuth, GDCh

[1] H. C. Kolb, M. G. Finn, K. B. Sharpless, Angew. Chem. Int. Ed. 2001, 40, 2004-2021.

[2] C. Barner-Kowollik, F. E. Du Prez, P. Espeel, C. J. Hawker, T. Junkers, H. Schlaad, W. Van Camp, Angew. Chem. Int. Ed. 2011, 50, 60-62.

[3] R. C. Becer, R. Hoogenboom, U. S. Schubert, Angew. Chem. Int. Ed. 2009, 48, 4900-4908.

[4] J.-F. Lutz, Angew. Chem. Int. Ed. 2007, 46, 1018-1025.

[5] C. E. Hoyle, C. N. Bowman, Angew. Chem. Int. Ed. 2010, 49, 1540-1573.

Die Makromolekulare Chemie feiert in diesem Jahr hundert Jahre. Jeder von uns ist Makromolekülen schon begegnet, zum Beispiel in Form von Kunststoff. Zum Jubiläum zeigen unsere Beiträge dieses Jahr, wo Makromoleküle vorkommen.

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