Polymere als Membranen

 

100 Jahre Makromolekulare Chemie

Sie stecken in moderner Kleidung, Smartphones, Brennstoffzellen, Entsalzungsanlagen für Meerwasser und vielem mehr: Membranen aus Polymeren. Sie sind leicht und günstig in ihren etablierten Anwendungsbereichen. Wie die aktuelle Forschung zeigt, steckt in ihnen aber auch bisher ungenutztes Potenzial für spezielle Anwendungen. 

Was bedeutet Membran?

Eine Membran (lat. membrana „Häutchen“) beschreibt im Allgemeinen eine Struktur, deren Dicke im Verhältnis zur flächigen Ausdehnung sehr gering ist. Im Speziellen umfasst der Begriff häufig poröse Strukturen zur Filtration.

Neben uns bekannten Anwendungen wie Funktionskleidung oder Lithium-Ionen-Akkus kommen die Polymere in weitere vielseitigen Möglichkeiten als Membranen zum Einsatz. Diese reichen von der Wasseraufbereitung über die personalisierte Medizin [7] bis hin zu „responsiven“ oder „intelligenten“ Membranen, die ihre Eigenschaften dynamisch in Reaktion auf Umwelteinflüsse anpassen können.

Leichtgewichte mit vielfältigen Anwendungen

Die Kombination aus verschiedenen Werkstoffen und unterschiedlichen Verarbeitungsmethoden ermöglicht für Membranen aus Polymeren ein breites Anwendungsspektrum. Manche von ihnen gibt es bereits als Produkte, andere sind Gegenstand aktueller Forschung.

Wählt man ein Polymer mit geeigneter Festigkeit, können Membranen mit maßgeschneiderter Biegsamkeit und Widerstandsfähigkeit hergestellt werden. Gleichzeitig kann eingestellt werden, wie stark die Oberfläche mit Wasser interagiert – passgenau von wasserabweisend (SympaTex®) bis permeabel (künstliche Haut). Auch Leitfähigkeit, Dichte und die Beständigkeit gegenüber Hitze und Lösungsmitteln können variiert werden.
Geeignete Oberflächeneigenschaften der Membranen vermindern das Membranfaulen, also die unerwünschte Ablagerung von biologischem Material an der Membranoberfläche. Zusätzlich ist es auch möglich, verschiedene Polymere zu mischen oder chemisch zu verbinden um Eigenschaften zu kombinieren und Synergien zu nutzen.

Je nach gewünschter Porengröße und Membranaufbau unterscheiden sich die Methoden zur Herstellung. So sind eine Vielzahl verschiedener Membrantypen zugänglich, die in Porengröße und -verteilung abweichen. 

Wählt man die Kombination aus Polymer und Herstellungsmethode geschickt, kann zum Beispiel die Porengröße passgenau eingestellt und als intelligente Reaktion auf äußere Reize reversibel verändert werden. [9–13] Andere Methoden können Oberflächen gezielt funktionalisieren, wodurch eine aktive Komponente an der Membranoberfläche besonders effektiv eingesetzt werden.

Sowohl eine gezielte Oberflächenfunktionalisierung als auch intelligente Membranen sind Gegenstand aktueller Forschung.
 

Einblick in die Forschung

Industriell etabliert hat sich die Methode der Phaseninversion in Kombination mit Blockcopolymeren, also Polymeren mit Blöcken verschiedener Funktionalität und Löslichkeit. Diese Methode liefert Membranen mit innerer Mikrophasenseparation. Bedingt durch die verschiedenen Polaritäten reichert sich einer der Blöcke an der Oberfläche an. Mittels einer geschickten Auswahl der Blöcke lässt sich dieses Verhalten steuern. So können funktionstragende Domänen an der Membranoberfläche eingeführt werden. 

Bei einer Blockcopolymer-Membran mit einer Porengröße, die durch den pH-Wert kontrolliert werden kann, verschließen sich die Poren in Gegenwart von Basen.[14] Zudem können Einflüsse wie Temperatur, Licht, elektrische Spannung, mechanische Belastung oder bestimmte Substanzen die Polymere stimulieren, sodass sie sich verändern. [15-18]

Auch abseits von intelligenten Membranen untersucht die Forschung Polymermembranen, zum Beispiel im Hinblick auf einstellbare Porengröße. So befasst sie sich unter anderem mit der Immobilisation von Katalysatormolekülen auf oberflächenreichen mikroporösen Membranen.[19] 
 

Ein abschließendes Beispiel ist die nachgeschaltete Funktionalisierung von Membranporen. Diese können selektiv – und idealerweise reversibel – Zielmoleküle binden und damit isolieren. So lassen sich beispielsweise Metallionen und positiv geladene kleine Moleküle über Membranen abtrennen, deren Poren deutlich größer sind als es für das physikalische Zurückhalten notwendig wäre. Dadurch benötigen Trennoperationen weniger Energie. Vorstellbar ist außerdem, dieses Prinzip proteinspezifisch zu adaptieren und auf diese Weise ein Trennsystem für Proteingemische aufzubauen.

Autoren: Lisa Wiedenhöft, Prof. Dr. Felix H. Schacher (Friedrich-Schiller-Universität Jena)
Redaktionelle Bearbeitung: Lisa Süssmuth, GDCh

Bildnachweis Titelbild: Verwendung des Bildmaterials mit Genehmigung von Draco® (s. Quellenangabe [6])

 

Literatur

[1] R. W. Gore und S. B. Allen, Patent (USA), No. 4194041, 1980.

[2] M. Yang und J. Hou. Membranes 2012, 2, 367–383.

[3] M. A. Hickner et al. Chem. Rev. 2004, 104.

[4] T. E. Culp et al. PNAS 2018, 115, 8694–8699.

[5] https://www.sympatex.com/partner-kommunikation/logos-und-grafiken/

[6] https://www.draco.de/dracoplast-waterproof-pflaster-strips/

[7] I. V. Yannas et al. Science 1982, 215, 174–176.

[8] A. Koptyug et al. Conference Paper 2016, DOI: 10.5220/0006080400510058.

[9] M. Radjabian und V. Abetz. Adv. Mater. 2015, 27, 352–355.

[10] D. Salomon Marques et al. Soft Matter 2013, 9, 5557.

[11] W. A. Phillip et al. Nano letters 2011, 11, 2892–2900.

[12] F. Schacher, M. Ulbricht und A. H. E. Müller. Adv. Funct. Mater. 2009, 19, 1040–1045.

[13] K.-V. Peinemann, V. Abetz und P. F. W. Simon. Nature materials 2007, 6, 992–996.

[14] C. Hörenz et al. Adv. Mater. Interfaces 2015, 2, 1500042.

[15] O. Grimm, S. C. Maßmann und F. H. Schacher. Polym. Chem. 2019, 10, 2674.

[16] K. Fu et al. Polymer 2019, 184, 121900.

[17] X. Hu et al. J. Am. Chem. Soc. 2019, 141, 15018–15023.

[18] L. Volkmann et al. Macromolecules 2018, 51, 7284–7294.

[19] I. Romanenko et al. J. Mater. Chem. A 2017, 5, 15789.

Die Makromolekulare Chemie feiert in diesem Jahr hundert Jahre. Jeder von uns ist Makromolekülen schon begegnet, zum Beispiel in Form von Kunststoff. Zum Jubiläum zeigen unsere Beiträge dieses Jahr, wo Makromoleküle vorkommen.

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