Dem Leben auf der Spur – Einzelzellanalytik

 

Zellen, als Grundeinheit für Organismen, bilden einen wesentlichen Eckpfeiler für das Leben. Die Untersuchung von einzelnen Zellen liefert wertvolle Einblicke in fundamentale Prozesse des Lebens. So können Anomalien auf der Zelleebene Indikatoren für Krankheiten sein und durch eine Analyse früh erkannt werden. Weiterhin kann durch ein tiefgreifendes Verständnis von Vorgängen in Zellen auch gezielt Forschung zu z.B. neuen Medikamenten betrieben werden. Damit können die Wirksamkeit erhöht und die Nebenwirkungen reduziert werden.

Ein weiteres Feld, in dem die Einzelzellenanalytik einen wertvollen Beitrag leisten kann, liegt im Bereich der Umweltanalytik – durch die Untersuchung von einzelligen Organismen, wie z.B. Algen, kann eine Aussage auf Prozesse in der Umwelt gemachen werden.

Interdisziplinäres Forschungsgebiet

Untersuchungen auf Einzelzellbasis ist ein Forschungsfeld, das stark durch Interdisziplinarität geprägt ist. Für die Messung und Bewertung der erhaltenen Daten ist die Expertise aus vielen Disziplinen wie Biologie, Medizin, Pharmazie und vor allem analytischer Chemie notwendig. Da bei dieser Analytik jede einzelne Zelle aus einer Zellpopulation betrachtet wird, ergibt sich eine sehr große Menge an Daten. Um valide Aussagen treffen zu können müssen diese in Beziehung zueinander gesetzt werden - daher wird hier auch Unterstützung aus dem Bereich Statistik und den data sciences benötigt.

Die Größe von Zellen, die im Bereich von wenigen hundertstel Millimetern liegt, stellt hohe Anforderungen an die Analytik. Klassischerweise werden Zellen vor der Analyse markiert oder deren optischen Eigenschaften ausgenutzt, um diese detektieren zu können. Mittels neuester Techniken, auf Basis der sogenannten Elementmassenspektrometrie lassen sich einzelne Zellen jedoch direkt analysieren sowie deren Elementzusammensetzung aufklären.

Funktionsprinzip Single Cell-ICP-MS

Abbildung 1 (unten) stellt das Funktionsprinzip der single cell-ICP-MS (sc-ICP-MS) dar. Eine Zellsuspension wird stark verdünnt in das Plasma eines ICP-MS Inductively Coupled Plasma – Mass Spectrometry; Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) eingetragen, direkt getrocknet und atomisiert – so dass Zellen vereinzelte Element-Ionenwolken bilden; die Elementionen werden dann mittels des Massenspektrometers (MS) nach ihrem Masse-zu-Ladungsverhältnis (m/z) aufgetrennt.

Je nach Massenspektrometer geschieht dies quasi simultan, so dass der Massengehalt nahezu aller Elemente des Periodensystems in einer einzelnen Zelle detektiert werden kann. Eine Technik, die hier seit einigen Jahren eine Renaissance erlebt, ist die ICP-Flugzeit-Massenspektrometrie (ICP-ToF-MS). 

Die Rohdaten erhalten nun für jede einzelne Zelle einen „Spike“. Die Intensität entspricht dabei dem jeweiligen Elementgehalt in einer Zelle; die Frequenz der Spikes entspricht der Anzahl Zellen, die ins Plasma eingetragen wurden. Durch weitere Auswertung und Kalibration werden letztlich Histogramme erhalten – also eine Verteilung der Elementgehalte pro Zelle gegen die Anzahl der Zellen. Hierüber lassen sich wertvolle Hinweise über die Zellen in der Suspension erhalten und ggf. mit medizinischen oder Umweltbeobachtungen korrelieren.

Um hier den Ansprüchen an die Nachweisstärke und Selektivität gerecht zu werden, wird derzeit die Entwicklung weiterer Methoden stark vorangetrieben.

Einzelzellenanalytik in der Krebsforschung [1]

Anti-Krebsmedikamente sind oftmals auf Basis von Metallen aufgebaut – ein weit verbreitetes Medikament ist das sogenannte Cis-Platin (auf Basis des Edelmetalls Platin), das gegen eine Reihe von Krebsarten wirkungsvoll eingesetzt wird (Abbildung 2). Ein großer Nachteil besteht jedoch in starken Nebenwirkungen, die sich vor allem auf gesunde Zellen erstrecken. Daher ist es wichtig, Cis-Platin gezielt einzusetzen und eine genaue Kenntnis über die Verteilung des Medikaments innerhalb von Krebsgewebe sowie gesundem Gewebe und damit in Zellen zu erlangen. So konnte mittels der neuen Technik auf Einzelzellebene zwischen einer Aufnahme des Cis-Platins in Krebszellen sowie bereits resistenten Zellen unterschieden werden – dies liefert wertvolle Hinweise über die Wirksamkeit des Medikamentes und somit den Erfolg der Therapie.

Kieselalgen als Indikator für Umweltschadstoffe [2]

Schadstoffe gelangen auf vielfältige Weise in die (vor allem) aquatische Umwelt – dort werden sie von zahlreichen Organismen aufgenommen und schädigen hierüber die Organismen direkt, gelangen aber zum andern auch in die Nahrungskette und reichern sich dort an; am Ende werden diese Stoffe somit auch vom Menschen aufgenommen und können somit auch hier negative Effekte haben.

Am Anfang der Nahrungskette stehen einzellige Organismen, wie z.B. Kieselalgen. Kieselalgen sind daher ein weit verbreiteter Indikator für Schadstoffe. Auch hier liefern neue einzelzellenanalytische Verfahren wertvolle Hinweise: anhand von charakteristischen Elementzusammensetzungen, sog. Element-Fingerabdrücken, lässt sich zum einen eine mögliche schädliche Wirkung von Stoffen untersuchen, aber auch zwischen verschiedenen Algen unterscheiden; dies gibt Hinweise darauf, ob einzelne Algenarten besonders sensitiv gegenüber einem Schadstoff sind.

Referenzen

[1] M. Corte Rodríguez, R. Álvarez-Fernandez García, E. Blanco, J. Bettmer, M. Montes-Bayoń, Quantitative Evaluation of Cisplatin Uptake in Sensitive and Resistant Individual Cells by Single-Cell ICP-MS (SC-ICP-MS), Analytical Chemistry 2017, 89, 11491−11497.

[2] M. Von der Au, O. Borovinskaya, L. Flamigni, K. Kuhlmeier, C. Büchel, B. Meermann, Single cell-inductively coupled plasma-time of flight-mass spectrometry approach for ecotoxicological testing, Algal Research 2020, 49, 101964.

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